Die 54-jährige Patientin litt zwar seit Jahren an einer schweren Lungenerkrankung, stand aber dennoch mitten im Leben. Sie betreute nicht nur ihre eigene Großmutter, sondern half zusätzlich noch tatkräftig bei der Erziehung ihrer eigenen Enkel.

Im Juni 2015 verschlechterte sich die Lungenfunktion infektionsbedingt erheblich, so dass Frau O. selbst in Ruhe erhebliche Atemnot litt. Als gar nichts mehr ging, klingelte sie nachts buchstäblich in letzter Sekunde bei Ihrem Nachbarn – danach weiß sie nichts mehr.

Der Notarzt brachte sie ins nächst gelegene Krankenhaus, wo sie sich rasch vollends erschöpfte und künstlich beatmet werden musste; dafür wurde sie ins „künstliche Koma“ versetzt. Trotz dieser Maßnahmen stand es bald auf Messers Schneide und der Erstickungstod der Patientin konnte nur durch den Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine (sog. ECMO) verhindert werden. Für diese hochspezialisierte, lebensrettende Behandlung wurde Frau O. an die nahe liegende Uniklinik verlegt. Ungewöhnlich lang, nämlich fast einen Monat benötigte ihr Organismus die ECMO-Unterstützung, bevor eine herkömmliche Beatmungstherapie ausreichte.

Während dieser langen und schweren Erkrankung war es zur sog. Critical Illness Polyneuropathie/-Myopathie (CIP/M) gekommen, einer schwersten Störung der Muskelfunktion. Zwar hatte sich die Lunge erholt, aber Frau O. war weiter auf die Beatmung und eine intensivste Pflege angewiesen, denn durch die CIP/M war sie quasi vollständig gelähmt. Sie wurde dann auf eine Spezial-Behandlungseinheit verlegt, die sich auf die Versorgung von Patienten mit längerer Beatmungsabhängigkeit konzentriert. Bei der Aufnahme auf diese sog. Weaning-Station konnte Frau O. weniger als eine Minute selbständig atmen.

Ausgestattet mit einem eisernen Willen und viel Optimismus eroberte Frau O. allmählich ihr Leben zurück. Wir unterstützten sie mit intensiver, patienten-adaptierter Physiotherapie, Schlucktraining, strukturierter Beatmungstherapie und einer konsequenter Früherkennung und Behandlung neuer Infektionen und Organfunktionsstörungen. Viele Wochen harter gemeinsamer Arbeit führten dazu, dass die vormals vollständig gelähmte Frau im Oktober 2015 in einem Gehwagen über den Stationsflur gehen konnte, wobei ein Beatmungsgerät ihr die lebensnotwendige Atemluft zuführte.

In diesem Zustand verlegten wir die Patientin schließlich in eine Beatmungswohngruppe außerhalb der Klinik. Doch nach wenigen Tagen erlitt sie einen septischen Schock durch einen Leberabszess und musste erneut in der Uniklinik behandelt werden. Der Leberabszess überraschte alle, denn in dem monatelange Verlauf waren bereits mehrere CT-Untersuchungen ohne entsprechenden Befund erfolgt. Nun wurde der Infektherd nach außen drainiert und medikamentös behandelt und nach weniger Tagen konnte Frau O. wieder in die Beatmungswohngruppe verlegt werden.

Nach diesem langen, dramatischen und komplikationsreichen Verlauf erholte sich die Patientin dort sehr gut. Nach 3 Monaten konnten wir sie wieder auf die Weaning-Station aufnehmen, um sie von der Beatmung über Luftröhrenschnitt zu entwöhnen. Sie nutzt seitdem in der Nacht eine Beatmung per Gesichtsmaske. Nach weiteren drei Monaten zog Frau O. wieder in ihre eigene Wohnung.

Sie sagt heute selbst über sich:

„...Nach so langer Zeit, vielen Schmerzen und großer Mühe danke ich allen von Herzen, die mir geholfen haben noch eine Chance zum Leben zu bekommen. Bäume reiße ich zwar keine aus, aber es wird jeden Tag etwas besser"